Von der Studentin zur Retterin: Seawatch-Aktivistin Jutta Nagel

 

Redaktion: Marie-Christin Spitznagel


Meine Damen! Der GUK N°2 galoppiert uns entgegen und wir können uns auf ganz viele grandiose Speakerinnen freuen! Aber Henriette wäre nicht die geile Uschi, die sie ist, wenn sie nicht noch kurz vor knapp ein Sahnehäubchen oben drauf setzen würde. Sie hat nämlich noch eine geile Uschi für den GUK N°2 gewinnen können und über sie darf ich heute schreiben. Jutta Nagel von Sea-Watch, eine mutige junge Frau, die mithilft, eine der größten humanitären Katastrophen unserer Zeit zu bekämpfen.  

 

Juttas Vortrag vom GUK2 am 12.12.2020

 

Sea-Watch ist uns allen wahrscheinlich ein Begriff, diese deutsche NGO rettet Geflüchtete im Mittelmeer. Es ist zynisch, aber wahrscheinlich haben wir uns an die kurze “Es sind wieder X Menschen bei einem Unglück im Mittelmeer ertrunken”-Meldung in den Nachrichten gewöhnt, denn wir hören sie so oft. Die Aktivisten von Sea Watch kämpfen gegen diese Abstumpfung an, sind mitten im Geschehen und leisten Hilfe vor Ort. Sie beschreiben sich auf der offiziellen Website www.sea-watch.org so:

“Sea-Watch e.V. ist eine gemeinnützige Initiative, die sich der zivilen Seenotrettung im zentralen Mittelmeer verschrieben hat. Angesichts einer andauernden und staatlich initiierten humanitären Katastrophe leisten wir akute Nothilfe. Wir fordern und forcieren Rettungseinsätze durch die zuständigen europäischen Institutionen und stehen öffentlich für legale Fluchtwege sowie für Bewegungsfreiheit und ein solidarisches Europa ein. Sea-Watch ist politisch und religiös unabhängig und finanziert sich ausschließlich durch Spenden.”

Jutta ist seit 2018 bei diesen Aktionen als Cultural Mediator mittendrin.

Von der Studentin zur Retterin

Durch die Position als Cultural Mediator, also Dolmetscherin und Mediatorin, ist Jutta bei den Einsätzen an vorderster Front auf den Schnellbooten dabei. Diese kleineren Boote fahren an die Flöße und klapprigen Behelfsboote der Geflüchten heran, die sie mit den großen Schiffen zum Kentern bringen würden. Juttas Job war es, Ruhe und Vertrauen unter den Menschen in Seenot zu verbreiten. An Bord half sie dann bei Verständigungsproblemen oder Konflikten.  

Die Geschichten, die Jutta hört, sind unvorstellbar grausam. Sie beschreibt ihre Erfahrungen der Regionalzeitung Weinheimer Nachrichten so: “Ich habe keine einzige Person erlebt, die mir nicht von Vergewaltigungen, von Folter, Gewalt und Sklaverei berichtet hat. Es ist heftig, wenn dir ein 17-Jähriger erzählt, dass er als Sklave für Polizisten arbeiten musste. Es ist kaum vorstellbar, dass man in dem Alter schon so viel Leid gesehen und erlitten hat. Das Auswärtige Amt hat das mal als ›KZ-ähnliche Zustände‹ beschrieben. Wenn das nicht ein Begriff ist, der Gänsehaut verursacht, dann weiß ich es auch nicht.”

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Die Arbeit von Sea Watch wird aber nicht generell gut gefunden, häufig wirft man ihnen und anderen Organisationen vor, mit den Schleppern zusammenzuarbeiten. Gerade von rechts-konservativer Seite kommt da viel Kritik, die manchmal sachlich und durchaus diskussionswürdig ist ... und manchmal eben nicht.

Jutta sieht den Sachverhalt wesentlich einfacher: “Es geht um Solidarität, anderen zu helfen, selbst wenn wir sie nicht persönlich kennen. Es geht um Menschlichkeit. Die kann man niemandem absprechen, nur weil er aus einem anderen Land kommt.”

 
 

Jutta versucht, für dieses (leider) kontroverse Thema weiterhin Aufmerksamkeit zu bekommen, sie spricht 2018, nach ihren ersten Erfahrungen in der Sendung “hier und heute” und bei einem ökumenischen Gottesdienst in Heidelberg, der zur Solidarität mit den Geflüchteten aufruft.

Sie berichtet eindrücklich über ihre Erlebnisse in Mittelmeer und über die traumatisierten Menschen, die sie dort traf.

“Die Menschen sind lieber bereit, zu ertrinken als nach Libyen zurückzukommen”, erzählt sie.

Ihre Schilderungen sind beklemmend. Ich kann mir nicht vorstellen, zu erleben, was sie erlebt hat. Noch weniger, zu erleben, was den Geflüchteten widerfahren ist. Wahrscheinlich ist auch das ein Grund, warum so viele Menschen die Wahrheit über das Massensterben im Mittelmeer nicht hören wollen, warum sie ausgeblendet werden oder man sogar mit Aggression auf diese Wahrheit reagiert.

Sie ist kaum zu ertragen.

Wie kann man das mit unseren europäischen Vorstellungen von Moral und Anstand zusammenbringen? Wie können wir akzeptieren, dass einige Menschen eben schlicht das Glück hatten, in einem sicheren Land geboren zu sein, und andere eben Pech? 

Jutta hat für sich entschieden: gar nicht. Darum handelt sie, während andere Menschen gelähmt von dem zurückbleiben, was wir lesen, hören und sehen. Ich muss ganz ehrlich sein: Ich gehöre zu diesen Menschen. Wenn ich die Bilder der Schiffbrüchigen sehe, bin ich vollkommen erschlagen, der Anblick dieses unaussprechlichen Leids überfordert mich. Ich kann mir nicht vorstellen, diesem Anblick direkt entgegenzublicken und dann noch sinnvoll handeln zu können.

Daher habe ich größten Respekt vor den Menschen, die so gegen diese Ungerechtigkeiten kämpfen können.

Neben Sea-Watch und nackten Tatsachen

Auch wenn sie aktuell nicht auf einem Schiff unterwegs ist, um Menschen zu retten, setzt sie sich aktiv dafür ein, dass wir in Europa nicht vergessen, was an unseren Außengrenzen passiert. Zum Beispiel auch als Speakerin auf dem GUK N° 2 (falls ich es bisher noch nicht erwähnt haben sollte).

Nebenher widmet sie sich weiter ihrem Studium und ist nicht nur bei Sea-Watch aktiv, sondern engagiert sich auch bei der Seebrücke oder in der Boat Crew von “Refugee Rescue” auf Lesbos.

Doch damit nicht genug, gleichzeitig hat sie auch noch eigene Projekte, die über ihre weitestgehend ehrenamtliche Tätigkeit hinaus gehen, zum Beispiel den Podcast “splitterfasernackt”, in dem sie mit einer Freundin Interviews in einer Sauna führt. Ein spannendes Konzept, und ein Podcast, in den man unbedingt mal reinhören sollte!

Zusammenfassend ist Jutta eine unheimlich inspirierende Person, vor der ich mehrere nichtvorhandene, aber symbolische Hüte ziehen möchte. Danke, dass du tust, wozu andere nicht in der Lage sind!

Ich freue mich darauf, dir bald live zuzuhören. 

 
 
 
 
 

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JUTTA WAR ALS REDNERIN BEIM ZWEITEN GUK AM 12.12.2020 DABEI.


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