The Art of Asking: Amanda Palmer

 

Redaktion: Marie Spitznagel

Ihr lieben Uschis, in diesem Text soll es um eine Frau gehen, die ich seit vielen Jahren bewundere. Genauer gesagt seit 2004, als ich das erste Mal die schönsten Augenbrauen der Welt erblickte und mir wünschte, mutig genug zu sein, sie genau so zu tragen. Ich meine natürlich Amanda Palmer in dem Video zu Coin-Opperated Boy von ihrer Band Dresden Dolls

Seit dieser ersten, zugegeben sehr oberflächlichen Faszination für Amanda Palmer, habe ich diese unglaublich spannende Künstlerin und Person noch auf weitere Arten lieben gelernt.

Ihre Musik ist einzigartig und ich könnte seitenweise über sie schwärmen. Aber in diesem Text soll es vor allem darum gehen, wie sie meinen Ansatz auf das leidige Thema Geld im künstlerischen Kontext verändert hat. Denn Amanda hat, ohne übertreiben zu wollen, die Art, wie wir Kunst schaffen, verkaufen und konsumieren, verändert.


Die Kunst, um etwas zu bitten

The art of asking

Fangen wir am Anfang an. Ich bin nicht nur leidenschaftliche Uschi-Bloggerin, sondern auch Autorin, die sich auf dem umkämpften Buchmarkt schon längst damit abgefunden hat, niemals von dem leben zu können, was sie tut. Und dann sah ich Amandas TED Talk. 

In ihrem vielbeachteten TED Talk von 2013 spricht Amanda über ihre Zeit als lebende Statue, in der sie gelernt hat, mit Menschen Beziehungen aufzubauen. Als The 8-Foot Bride stand sie mit weiß geschminktem Gesicht auf den Straßen verschiedener Städte und verteilte Blumen an diejenigen, die ihr Geld in ihren Hut oder ihre Schale steckten. Blumen und Augenkontakt. Sie schenkte den Menschen Aufmerksamkeit und ein kurzes Gesehenwerden. 

Diese Form der Interaktion motivierte sie dazu, öfter einfach zu fragen, wenn sie etwas brauchte. Ob es ein Platz zum Schlafen auf Tour war, ein Klavier zum Üben oder eine Kiste für ihren TED Talk. Als sie sich von ihrer Plattenfirma trennte, fragte sie ihre Community nach finanzieller Unterstützung für ihr nächstes Album und startete so das erfolgreichste Crowdfoundingprojekt der (bisherigen) Musikgeschichte – über 1,2 Millionen Dollar sammelte sie ein – ein absolutes Novum in der Musikgeschichte. Sie verschenkt ihre Musik, ermutigt Menschen, sie kostenlos zu teilen und bittet gleichzeitig darum, sie anderweitig zu unterstützen. 

Ihren TED Talk haben wir hier für euch:

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Der nächste Schritt kam mit ihrer Patreonseite, auf der sie inzwischen über 12.000 Unterstützer hat, die ihr monatlich einen kleinen oder größeren Betrag zahlen. Regelmäßig. Dafür gibt sie dort ungeschönte Updates aus ihrem Alltag, spontane Onlinekonzerte und andere kleine Geschenke. Aktuell ist Amanda noch immer in Neuseeland gestrandet, wo sie mit ihrem Sohn von Ferienhaus zu Gästezimmer und zurück zieht, bevor es sicher ist, wieder in die USA einzureisen. 

Auch hier unterstützt ihre Community sie – und während viele andere Künstler*innen in Zeiten von Corona zu kämpfen hatten, wurde Amanda von neuseeländischen Fans mit offenen Armen empfangen.


Eine neue Form des Künstlerlebens?

Seitdem Künstler*innen populäre Figuren wurden, gibt es diese Unnahbarkeit zwischen Kunstschaffenden und Kunstkonsumierenden. Der Künstler, die Künstlerin weit weg und das dankbare Publikum kauft oder eben nicht. Marketing, Interviews und Werbeauftritte sind Teil des Business. Amanda bricht das auf. Sie macht nicht mehr mit. Sie verkauft ihre Kunst nicht. Sie bittet um Unterstützung. In einem Video auf Patreon sagt sie „Now I have more time making it, instead of selling it“. 

Patreon ist ein US amerikanischer Onlinedienstleister, der es Personen ermöglicht, Unterstützer zu finden, die einen festen Betrag im Monat bezahlen. Im Deutschen gibt es inzwischen u.a. den Anbieter Steady, der einen ähnlichen Dienst anbietet. Dort finden sich Podcaster, Musiker, Autoren, Zeichner und viele andere Kreative, die ihren Unterstützern lieber zusätzliche Inhalte liefern, als ihre Kunst zu verkaufen und mit Werbung zuzuballern.

Amandas Vertrauen, ihre Offenheit und ihre wundervolle Art, sich einerseits vollkommen auszuliefern und gleichzeitig unabhängig zu machen, begeistert mich. Und ich frage mich, ob sie da nicht eine revolutionäre neue Art des Künstlerseins gefunden hat. Unabhängig von den großen Gatekeepern der Verlage, Sender und Plattenlabel. 

Wenn sich Kunstschaffende (wieder? erstmals?) darauf konzentrieren können, ihrer Community wirklich das zu geben, was sie möchten, anstatt auf das zu hören, was sich vielleicht gut verkauft oder gerade im Trend liegt, ist das nicht ein Gewinn für beide?


Echte Nähe und Austausch

Unabhängig davon, dass ich generell so ziemlich alles feiere, was Amanda so von sich gibt, finde ich ihren Mut und ihr Vertrauen in Menschen so faszinierend. Gerade in einer Zeit, in der wir immer weiter auseinanderdriften zu scheinen. Sie verlässt sich darauf, dass sie mit ihren Unterstützer*innen ihre Rechnungen zahlen kann, dass die Menschen, die sie zu sich nach Hause einladen, ihr nichts Böses wollen.

Vielleicht ist das auch ein ganz neues Geschäftsmodell? Vertrauen für Vertrauen. Wie schön wäre es, in einer Welt zu leben, in der Kapitalismus nicht bedeutet, einander auszubeuten, sondern sich zu unterstützen? Amanda vergleicht Crowdfunding mit Crowdsurfing. Es bedeutet, sich fallenzulassen und darauf zu vertrauen, dass man aufgefangen wird. 

Was für eine wunderschöne Vorstellung. Wir Kreativen legen uns in die Hände derer, die unsere Sachen gut finden und werden getragen. Und wir können tolle neue Dinge liefern, ohne Druck, Deadlines und Reichweiten-Quoten-Terror. Können uns austauschen und einen direkten Draht haben zu den Menschen, die all die Dinge, die wir so tun, gut finden. 

Das klingt wie eine wunderschöne Utopie. Auch die Uschis könnt ihr unterstützen, damit dieses grandiose Projekt weitergehen kann. Weil um Hilfe zu bitten keine Schwäche ist, sondern ein Fallenlassen. Mit einem Uschi-Abo unterstützt ihr uns – wie das geht, das erfahrt ihr hier: www.geile-uschi.com/club 


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Marie Spitznagel

Ein Artikel von Marie Spitznagel


Amanda Palmers Buch “The Art of Asking: Wie ich aufhörte, mir Sorgen zu machen, und lernte, mir helfen zu lassen”

Gibt es hier oder hier und natürlich auch bei den Buchhändler:innen eures Vertrauens. #buylocal